Der Werk­ka­ta­log 2023

Per­fekt mit haben und sein

2023 habe ich in der Ton­hal­le Zürich den Gold­berg-Varia­tio­nen gelauscht, in Basel die Kunst einer zer­ris­se­nen Moder­ne ver­in­ner­licht, Way­ne Thie­bauds Cup­ca­kes ken­nen­ge­lernt und den Flug der Stör­che im Reuss­spitz beob­ach­tet. Ich habe die Monu­men­tal­wer­ke von Franz Gertsch gese­hen, alle Roma­ne von Micha­el Con­nel­ly gele­sen, den lan­gen Som­mer im Gar­ten genos­sen, Ope­ra­tio­nen über mich erge­hen las­sen, das Bil­der­la­ger nach Zug ver­legt, die Avan­ti-Web­site neu gestal­ten las­sen, den Ista­gram­feed fleis­sig gefüt­tert und unter Rücken­schmer­zen gelit­ten.

Beson­ders gefreut haben mich die zahl­rei­chen Bil­der­ver­käu­fe im ver­gan­ge­nen Jahr. An der Früh­jahrs­auk­ti­on bei Dobi­a­schofs­ky in Bern hat das Bild Äge­ri­see im Abend­rot mit Urner Alpen einen noch nie dage­we­se­nen Höchst­preis erzielt. Qua­si der Ein­zug in die obe­re Liga. Wäh­rend einer Grup­pen­aus­stel­lung der Gale­rie Art87 in Ander­matt sowie im Rah­men von Werk­auf­trä­gen pri­va­ter Samm­le­rin­nen und Samm­ler habe ich meh­re­re Berg­ge­mäl­de ver­kauft. Mehr als drei Vier­tel aller Expo­na­te der Aus­stel­lung Zau­ber­berg in der Gale­rie Mül­ler, Luzern, haben ein neu­es Zuhau­se gefun­den. Schliess­lich wur­den im Novem­ber an der Herbst­auk­ti­on bei Dobi­a­schofs­ky erneut zwei Wer­ke von Avan­ti erstei­gert.

Berg­mo­ti­ve haben Hoch­kon­junk­tur. Alpen­land­schaf­ten als Kunst-, Ima­gi­na­ti­ons-, Emo­ti­ons- und Bild­raum sind (wie­der) gefragt. Das Alpi­ne als Fas­zi­no­sum wird mei­ne Male­rei auch wei­ter­hin beein­flus­sen. Es sind noch längst nicht alle Spiel­ar­ten gespielt. Das hat schon der ver­ehr­te Fer­di­nand Hod­ler fest­ge­stellt: «Dass die­se Pracht [der Berg­ket­te am Mor­gen] noch gestei­gert wer­den kann, wenn ich den Kopf nach unten, sie zwi­schen den Bei­nen hin­durch betrach­te, war mir eine beglücken­de Ent­deckung. Die Berg­rän­der fun­kel­ten dann in den Far­ben des Regen­bo­gens, und die­ser geheim­nis­vol­le Vor­gang beschäf­tig­te mich als unge­lö­stes Rät­sel lan­ge.»

Mag auch der Zahn der Zeit manch­mal zwicken, ich bin neu­gie­rig auf all die beglücken­den Ent­deckun­gen und unge­lö­sten Rät­sel. In der Natur und im Ate­lier. Und dann ist es – wie bei Bachs Gold­berg-Varia­tio­nen –, als hätt’ man die Him­mel gese­hen, als hätt’ die Kunst die Zeit besiegt, als gäb’ es eine Ord­nung und einen Frie­den auf die­ser Welt, als wär’ die Lie­be Klang und Licht gewor­den.

Gior­gio Avan­ti, Janu­ar 2024