Wenn ich male, dann immer mit äußer­ster Anspan­nung, unter stärk­stem inne­rem Antrieb, so, als ob eine auto­no­me Umset­zungs­ma­schi­ne am Werk wäre.

«Kolo­rist der Alpen» – so bezeich­net Lena Nau­mann den Künst­ler Gior­gio Avan­ti. Unter Kolo­ris­mus ver­steht man eine Mal­wei­se, bei der die Far­be eine höhe­re Bedeu­tung als Linie, Kom­po­si­ti­on und Per­spek­ti­ve besit­zen. «Inten­siv leuch­ten­de Far­ben rei­zen die Sin­ne und sind von ent­schei­den­der Bedeu­tung für die Ent­fal­tung der Bild­wir­kung.»

«Avan­tis Stär­ke ist das zau­ber­haf­te Oszil­lie­ren zwi­schen Abstrak­ti­on und Figu­ra­ti­on. Etwa bei orna­ment­ar­ti­gen Stadt­an­sich­ten von Nord­afri­ka, bei Vogel­fi­gu­ren in rhyth­mi­sier­ten Land­schaf­ten, deren Farb- und For­men­viel­falt die Krea­ti­vi­tät der Natur noch über­trifft, oder bei Frau­en­kör­pern, die als arche­ty­pi­sche For­men im Bild schwe­ben. Die luf­ti­gen und spie­le­ri­schen Kom­po­si­tio­nen behan­deln das Sujet mit der Schär­fe der Unschär­fe und regen als vir­tuo­se, zuge­spitz­te Skiz­zen die Ima­gi­na­ti­on des Betrach­ters an.»

Julia Häcki
Kunst­hi­sto­ri­ke­rin, Zug

Was Gio­van­ni Segan­ti­ni mit sei­nen far­ben­fro­hen und licht­durch­flu­te­ten Hoch­ge­birgs­land­schaf­ten begon­nen hat, führt Gior­gio Avan­ti mit einem durch die Abstrak­ti­on geschul­ten Blick fort: er über­setzt die Segan­ti­ni-Stim­mung des 19. in die Male­rei des 21. Jahr­hun­derts. 

Lena Nau­mann
Kunst­hi­sto­ri­ke­rin, Chef­re­dak­teu­rin Mun­dus, Mün­chen